Unser Köln
Kölner Köpfe – Ludwig Sebus
Jeannette Fentroß, August 2025 · 15.09.2025
Ludwig Sebus. Foto: Jeannette Fentroß
Wie werden Sie Ihren Geburtstag feiern?
Der Intendant der Kölner Philharmonie, das Festkomitee um Christoph Kuckelkorn und Joachim Wüst veranstalten am 7. September eine offizielle Ehrung. Daran werde ich auf jeden Fall teilnehmen, entweder in persona oder von oben (lacht).
Wie sah Ihre Jugendzeit aus?
Ich bin 1925 in Lindenthal geboren und im Belgischen Viertel aufgewachsen. Dort bin ich auch zur Schule gegangen. Mit 17 Jahren schloss ich meine Ausbildung zum Industriekaufmann ab. Als Mitglied der katholischen Jugend leistete ich passiven Widerstand gegenüber dem Nazi-Regime. Ich erlebte den Aufmarsch der Parteifunktionäre sowie die ersten verheerenden Luftangriffe auf Köln. Kurz nach meinem 18. Geburtstag wurde ich eingezogen.
Die Erlebnisse als junger Mann im Zweiten Weltkrieg waren sicher furchtbar. Wie sieht Ihr Rückblick aus?
Die düsterste Zeit meines Lebens lag schon sehr früh hinter mir. Als Funker und Soldat geriet ich beim Einsatz an der Ost-Front im Dezember 1943 in russische Kriegsgefangenschaft. Neben den Arbeiten im Bergwerksstollen wurden wir im letzten Jahr des Gefangenenlagers dazu eingeteilt, auch bei kulturellen Veranstaltungen mitzuwirken. Trotz allen Elends habe ich Bühnenluft geschnuppert, die mich nicht mehr losließ.
Wie kamen Sie dann zum Karneval und zum Krätzje?
1949 kam ich zurück nach Köln. Kurz darauf bin ich dem Altermarktspielkreis beigetreten und habe musikalische Beiträge geliefert. Den ersten Solo-Auftritt hatte ich am 11.11.1953 bei den Roten Funken. Der Durchbruch kam dann mit dem Lied „Jede Stein en Kölle es e Stöck von mir“. Insgesamt habe ich mehr als 250 Lieder verfasst.
Sie haben 67 besondere Ehrungen erhalten und wurden zu einer Ikone. Sind Sie weiterhin in der jecken Zeit aktiv?
Der Fastelovend hat immer noch eine große Bedeutung, auch für mich. Es gibt kein anderes Fest auf der Welt, das die Menschen auf solch angenehme Weise miteinander verbindet. Früher hatte ich bis Aschermittwoch bis zu 250 Auftritte. Das schaffe ich heute nicht mehr. Aber der Karneval war nie mein Beruf, sondern meine zweite Leidenschaft.
Was war Ihr eigentlicher Beruf?
Als Bezirks-Verkaufsleiter war ich über 25 Jahre bei einem großen Landmaschinen-Hersteller in Mannheim tätig. Die vielen Auftritte in der Session und das Pendeln waren hart. Ich wechselte zu einem Chemie-Unternehmen in Köln und habe dort bis zur Rente gearbeitet.
Und Sie setzen sich bis heute politisch ein?
Auch im Alter ist es wichtig, sich für alle Dinge zu interessieren, die uns als Senioren berühren. In der Politik und Gestaltung unserer Stadt oder auch in der Weltpolitik. Mich interessiert der städtische Seniorenbereich und was die Politik für ältere Menschen investiert. Wenn Senioren nicht beachtet werden, regt mich das auf. Unzufriedenheit ist oftmals der Ursprung für Hass in der Gesellschaft. Am 10. November 2022 stand ich bei der Arsch-huh-Veranstaltung in der Lanxess-Arena auf der Bühne. Ich habe erzählt, wie wertvoll es ist, in einer Demokratie und in Freiheit zu leben. Wer, wie ich, in Unfreiheit groß geworden ist, weiß, wie bedrückend sich das Leben anfühlen kann.
Wie halten Sie sich fit?
Um mir meine Selbstständigkeit möglichst lange zu bewahren, mache ich jeden Morgen zehn Minuten Frühsport. Einsamkeit muss nicht sein, solange man sich noch bewegen kann. Es gibt viele Möglichkeiten, um den Kontakt mit Menschen zu erhalten oder zu finden.
Sie sind ein durchweg positiver Mensch. Wie erhalten Sie sich diese Grundstimmung?
Nachdem ich als junger Mann eine der schwierigsten Lebensphasen erlebt hatte, erschien mir alles andere leicht. Meine Erfahrung zeigte, dass man, egal was einen belastet, auf schöne Dinge achten sollte. Wo ich auch hinkomme, treffe ich Leute, die ich kenne. Ich freue mich immer, unter Menschen zu sein, und sehe überall meine Bühne.

Sebus mit seiner Haushälterin Inge Hellwig. Foto: Jeannette Fentroß.
Das Gespräch führte Jeannette Fentroß.
Private Fotos von Ludwig Sebus

1930: Sebus als Fünfjähriger
1941: Sebus unterwegs in seinem Veedel

1943 wurde Sebus in die Wehrmacht eingezogen.
1950 als Minnesänger beim Altermarktspielkreis

1970: Auftritt im Karneval
1970: Autogrammkarte
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Tags: Entertainer , Karneval , Kölner Köpfe , Komponist , Ludwig Sebus
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