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Unser Köln

Kölner Köpfe – Linda Rennings

Jeannette Fentroß, August 2025 · 20.08.2025

Linda Rennings. Foto: Jeannette Fentroß

Linda Rennings. Foto: Jeannette Fentroß

Linda Rennings (61) ist ehrenamtliche Streetworkerin und setzt sich aktiv für Obdachlose, insbesondere für wohnungslose Frauen, ein.

Sie waren selbst für einige Zeit obdachlos – wie kam es dazu?

Mit Mitte 40 bin ich sehr krank gewesen, konnte weder arbeiten noch Miete zahlen. Die Konsequenzen waren die Räumungsklage und die Obdachlosigkeit. Es folgten fünf Jahre ohne Wohnung, bevor ich mit Unterstützung einer Hilfeeinrichtung für obdachlose Frauen neue Kraft sammeln konnte, um wieder eine Wohnung zu finden.

Was heißt es, auf der Straße zu leben?

Sich einschränken und organisieren lernen oder aus nichts viel machen. Es ist eine Form der Überlebenskunst, die kleinen Dinge wieder zu sehen. Für Frauen ist es besonders schwierig, da sie andere Hygienebedürfnisse haben und auch Schutz vor Übergriffen benötigen.

2014 gründeten Sie den Verein „Heimatlos in Köln“, kurz HiK, um obdachlosen Menschen zu helfen, den Weg zurück in ein stabiles Leben zu finden. Wie läuft das ab?

Man darf Menschen nicht von oben herab beurteilen, sondern sollte immer auf Augenhöhe mit ihnen sein. Man muss auf sie zugehen, den Kontakt pflegen und schauen, was konkret fehlt. Inzwischen wächst die Zahl älterer Menschen auf der Straße, auch Altersarmut kann schnell in Wohnungslosigkeit enden. Neue niedrigschwellige Angebote sind daher wichtig. Wir arbeiten beim HiK mit zehn Ehrenamtlern und zwei nebenberuflichen Streetworkern zusammen. Unterstützt wird der Verein nur über private Spenden, die kaum ausreichen.

Im vergangenen Jahr haben Sie ein Buch über Ihr Leben und Ihre Arbeit veröffentlicht. Was bedeutet es Ihnen?

Ich habe darin den Finger in die Wunde gelegt und bringe die Situation von Frauen auf der Straße in die Öffentlichkeit. Es soll sensibilisieren, gegen Vorurteile aufklären und motivieren helfen. Gleichgültig vorbeigehen und wegschauen hilft niemandem.

Was möchten Sie noch erreichen?

Ich wünsche mir eine Location oder einen Street-Work-Treffpunkt für die Arbeit des HiK. Und ich möchte einen Nachfolger für den Verein finden, damit meine Arbeit nicht umsonst war. (lacht) Kaum jemand ist so bekloppt wie ich und arbeitet den ganzen Tag, ohne Geld dafür zu bekommen. Aber ich kann nur das machen, was meine Gesundheit zulässt. Ein Teil meines Zuhauses ist die Straße. Ich kann mir kaum vorstellen, nicht auf der Straße zu arbeiten oder nichts mit Obdachlosen zu tun zu haben.

Welche Ziele haben Sie in Ihrem Leben?

Freiheit ist mein höchstes Gut – die erhalte ich mir um jeden Preis. Ich möchte die nächsten Jahre mit meinem Hund Clayd verbringen und nicht vor ihm sterben, damit er nicht alleine zurückbleibt. Er hat mich bisher 14 Jahre lang begleitet, mich auf der Straße beschützt und ist mein Seelenverwandter.

Das Gespräch führte Jeannette Fentroß.

Tags: Armut , Frauen , Interview , KölnerKöpfe , Obdachlos , StreetWork , Verein

Kategorien: Unser Köln