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Unser Köln

Die Geschichte der Kölner Straßenbahn

Ulrike Süsser · 16.07.2025

Historie trifft Zukunft: Alte Bahnen umrahmen einen Prototyp. Foto: Ulrike Süsser

Historie trifft Zukunft: Alte Bahnen umrahmen einen Prototyp. Foto: Ulrike Süsser

Historische Fahrzeuge im Straßenbahnmuseum Thielenbruch erkunden: Ausstellungsstücke aus fast 150 Jahre Kölner Straßenbahn-Geschichte stehen originalgetreu und virtuell erlebbar in einer alten Betriebshalle der KVB.

Wenn die alten Schätzchen sprechen könnten, die in der großen Museumshalle ihren Altersruhesitz gefunden haben, dann hätten sie viel zu erzählen. Zum Beispiel von 1877, als die erste Pferdebahn fuhr und Damen in gebauschten Röcken und Herren mit Zylinder zwischen Deutz und Kalk hin und her „kutschierte“. Das Mitfahren war seinerzeit Luxus und nicht alle konnten sich den leisten. Dennoch wurde die „Päädsbahn“ schnell ein Erfolg. 1899 war das Transportnetz bereits auf 60 Kilometer angewachsen und wurde von 341 Wagen und 765 Pferden bedient.


Das Ausstellungsstück zeigt einen originalgetreu rekonstruierten Straßenbahnwagen mit Kutscher und Pferdeattrappe, wie sie früher im städtischen Nahverkehr eingesetzt wurden. Fotos: Ulrike Süsser

Nun reden die historischen Originale nicht, das übernehmen die Museumsführer für sie. In ihren Schaffneruniformen lassen sie die Vergangenheit lebendig werden. Sie kennen sich aus in der Geschichte und der Technik. Die Besucher müssen die ganz alten Wagen regelrecht erklimmen, so hoch sind die Stufen. Die „Schaffner“ helfen gern beim Einsteigen. Drinnen kann man sich auf den Bänken niederlassen. Je nach Epoche sind sie aus Holz, weich gepolstert oder aus Kunststoff – mit entsprechendem Sitzkomfort. In den älteren Bahnen ließen sich Fenster und Dachluken öffnen. In manchen Wagen gibt es Lämpchen auf den Tischen – ziemlich nobel wirkt das. Gesteuert wurden sie noch mit „richtigen“ Lenkrädern aus lackiertem Holz.

Die Straßenbahn war erst Luxus, dann Massenverkehrsmittel

Thomas Lennartz ist einer der Museumsführer. Er arbeitet wie die Kollegen und Kolleginnen ehrenamtlich im Verein „Historische Straßenbahn Köln“ (HSK), der das Museum betreibt. Fünfzig der gut 160 Mitglieder helfen aktiv mit, pflegen etwa die Bahnen oder kümmern sich um das Dokumenten- und Fotoarchiv. „Ab 1901 kam die erste ‚Elektrische‘ auf die Schiene“, sagt der 46-Jährige und erläutert, dass sich nur zehn Jahre später die Straßenbahnen vom Luxus- zum Massenverkehrsmittel entwickelt hatten.


Thomas Lennartz sitzt in einer historischen Straßenbahn mit liebevoll restauriertem Interieur. Foto: Ulrike Süsser

Ab 1911 gab es zum ersten Mal auch einen Vorort-Zug. Die Linie „F“ verkehrte bis in die 1960er Jahre zwischen Köln und Frechen und wurde liebevoll das „Finchen“ genannt. Heute ist die alte Dame nur noch manchmal bei Sonderfahrten unterwegs. Meistens „schläft“ sie im „Märchenbahnhof“, wie die Halle auch genannt wird. Sie ist ein architektonisches Schmuckstück. „Finchen“ befindet sich dort auf 2.500 Quadratmetern in Gesellschaft von mehr als zwanzig historischen, fein herausgeputzten Straßenbahnwagen, die überwiegend Personen, aber auch Güter transportierten, wie etwa der offene Güterwagen „Holzlore“ anno 1917. Oder die „Päädsbahn“ und die erste „Elektrische“, ein Rundbahn-Triebwagen von 1939, der „Sambawagen“ von 1957 und weitere Originale aus den 50er, 60er und 70er Jahren.


Die Ausstellung zeigt verschiedene Straßenbahnmodelle aus unterschiedlichen Epochen, von der klassischen Rundbahn bis zur modernen Tram, unter einem Dach. Foto: Ulrike Süsser

Fast alle ausgestellten Schienenfahrzeuge sind fahrbereit. Nur eines nicht, es ist der Ausblick in die Zukunft: Das Modell der künftigen Kölner Stadtbahngeneration der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) kommt ohne Antrieb daher.

Virtual ­ Reality-Tour

„Meine Lieblingsbahn ist Sputnik“, sagt Lennartz, benannt nach dem sowjetischen Satelliten „Sputnik“, der 1957 ins Weltall geschossen worden war. Im selben Jahr wurde dieser Gelenkwagen erstmals in Köln gebaut. „Leider musste er 1970 ausgemustert werden“, erzählt er weiter. Warum? Weil ab den 1960er Jahren in Köln U-Bahn- Tunnel gebaut wurden. Für den unterirdischen Betrieb war fortan eine Wagenbreite von 2,50 Metern erforderlich, Sputnik brachte es aber nur auf 2,35 Meter. Ein Highlight ist eine „Virtual ­ Reality-Tour“. Mit Hilfe von Spezialbrillen mit einer 360-Grad-Rundumsicht begibt man sich in einem umgerüsteten historischen Straßenbahnwagen auf eine virtuelle Zeitreise und fährt durch die Kölner Altstadt im Jahr 1909.

Eine weitere Attraktion ist die Modellbahnanlage, die mit Liebe zum Detail in einer Bahn aufgebaut ist. Für Besucher lassen die Museumsführer die kleinen Bahnen in der großen gern fahren. Historische Requisiten wie Bilder, Zeitungsausschnitte, alte Uniformen und technische Objekte wie eine alte Stellwerkswand oder ein Schaltwerk sind in einem kleinen Ausstellungsraum und auch in der Halle zu sehen. Und wer wissen will, wann und warum die Straßenbahnen in Köln rot wurden, der wird hier auf diese Frage eine ausführliche Antwort bekommen.

Historische Fotos zeigen die Geschichte der Straßenbahn in Köln


Schon um 1900 war die Breite Straße in Köln sehr geschäftig. Die Aufnahme zeigt eine der ersten elektrischen Straßenbahnen inmitten von typischen Fassaden der Gründerzeit. Foto HSK


Der Heumarkt mit seinem Reiterstandbild von Friedrich Wilhelm III. und die Altstadt mit Blick auf den Kölner Dom im Hintergrund. Mehrere elektrische Straßenbahnen markieren einen zentralen Verkehrsknotenpunkt in der Kölner Innenstadt. Foto KVB Archiv


Die Straßenbahn am Rudolfplatz in Köln in den 1970er Jahren: Vor der imposanten Hahnentorburg fährt eine Straßenbahn der Linie 8, während Passanten den Platz überqueren. Foto: KVB Archiv


Die Linie 19 auf der Deutzer Brücke in den 1970er Jahren. Im Hintergrund ist der Kölner Dom sowie die Altstadt zu sehen. Foto: KVB Archiv

Informationen

Straßenbahn-Museum Thielenbruch
Otto-Kayser-Str. 2c, Eingang über „Aubeles Restaurant“, Gemarkenstr. 173
Endhaltestelle der Linien 3, 13 und 18
Tel. 0221 / 283 47 71

www.hsk.koeln

Geöffnet: jeden 2. Sonntag im Monat, 11–17 Uhr Eintritt: 2 Euro, Kinder 1,50 Euro.
Die virtuelle Tour kostet 5 Euro extra.

Sonderfahrten mit Finchen, Sambawagen und Co. auf www.hsk.koeln

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Tags: Historie , Kölner Stadtgeschichte , KVB , Museum , Öffentlicher Nahverkehr , Straßenbahn , Straßenverkehr

Kategorien: Mobilität , Unser Köln , Bus und Bahn