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Leben in Köln

Trauerzeit – Auf dem Weg zurück ins Leben

lvp · 05.11.2018

Foto: photocase / FrauEule

Foto: photocase / FrauEule

Mit dem Tod eines nahestehenden Menschen geht jeder anders um. Drei Betroffene erzählen KölnerLeben, wie sie ihre Trauer bewältigt haben.

Karin Bong (79) und ihr Mann waren 48 Jahre verheiratet. Er war zuletzt bettlägerig und ist vor anderthalb Jahren verstorben.

„In der ersten Zeit danach war ich immer wieder von jetzt auf gleich sehr traurig. Er fehlte mir so sehr. Ich bin dann oft zu Hause geblieben, habe Einladungen von Freunden und Bekannten abgesagt, weil er mir auf solchen Treffen dann besonders gefehlt hat. Wir waren ja immer zusammen unterwegs gewesen. Einmal bin ich mit einer meiner Töchter, ihrem Mann und den Kindern ans Meer gefahren. Alle haben sich rührend um mich gekümmert, aber wenn ich die Leute zu zweit in den Strandkörben gesehen habe, dachte ich sofort wieder an meinen Mann und dann fühlte ich mich noch mehr allein, obwohl ich ja mit meiner Familie da war. Ein zweites Mal bin ich nicht mehr mitgefahren.

Auf einer Konsole im Wohnzimmer, wo früher die Medikamente meines Mannes lagen, steht ein Bild von ihm. So hab’ ich das Gefühl, er ist immer dabei. Dafür muss ich nicht an sein Grab gehen. Dort bin ich nur ab und zu. Ich weiß ja, dass meine Enkel dort hinfahren und nach dem Rechten sehen. Meinen Mann habe ich mehr hier, zu Hause (sie lacht). Ich bin sehr gläubig und gehe regelmäßig in die Kirche.

Das gibt mir Kraft und hat mir geholfen, meine Lebensfreude wiederzufinden. Außerdem glaube ich, dass es meinem Mann gut geht. Auch waren die vielen, lieben Menschen um mich herum, meine Töchter, Enkelkinder und Freunde eine große Stütze für mich.

So nach einem Jahr konnte ich mich wieder richtig freuen. Ich habe losgelassen und das hat mich befreit. Jetzt genieße ich das Leben. Ich bin sehr viel unterwegs, gehe zum Schwimmen oder gestern, da habe ich mit einer Bekannten eine Schiffstour auf dem Rhein gemacht. Demnächst richte ich zum ersten Mal nach dem Tod meines Mannes ein Treffen für Bekannte aus. Ich weiß, meinem Mann würde das gefallen.“

Trauerbewältigung durchläuft verschiedene Phasen

Der Verlust des Partners bedeutet einen besonders tiefen Einschnitt in den Lebensalltag des Hinterbliebenen. Dieser kann besser verarbeitet werden, wenn der Abschied absehbar war, man Zeit hatte, wichtige Themen anzusprechen oder sich auszusprechen. Ist dies gelungen, unterstützt es maßgeblich den Trauerprozess.

Doch jeder verarbeitet den Tod eines nahestehenden Menschen letztlich anders und empfindet dabei anders. Der eine will in dieser schwierigen Zeit reden, der andere schweigen. Dennoch beobachten Sterbeforscher vier verschiedene Phasen, die die Hinterbliebenen in den ersten zwei Jahren durchleben. Zuerst ist der Schock da. In dieser Zeit will man nicht wahrhaben, dass der Verstorbene nicht mehr da ist. In der zweiten Phase kommen Gefühle wie Trauer, Angst, Wut und tiefe Einsamkeit hoch. Manche wollen einfach nur in Ruhe gelassen werden. In der dritten Phase setzt sich der Hinterbliebene mit dem Verlust auseinander, aber auch mit ungelösten Problemen. Mal akzeptiert man den Tod, dann wieder nicht. In der vierten Phase begreift und akzeptiert man den Verlust und findet allmählich zur Normalität zurück.

„Doch diese Phasen laufen nicht bei jedem gleich und auch nicht unbedingt nacheinander ab. Manche Menschen überspringen eine Phase oder erleben sie erst viel später. Manchmal kommt auch die zweite Phase vor der ersten. Jeder trauert anders“, weiß Claudia Jäckel, Trauerbegleiterin in Köln.

Die 76-jährige Joanna M.* hat zwei Jahre gebraucht, um über den Tod ihrer 75-jährigen Freundin hinwegzukommen. Die beiden waren immer im „Doppelpack“ unterwegs.

„Es hat mir so wehgetan, dass sie so vieles nicht mehr erleben konnte. Sie war so ein lebenslustiger Mensch, wollte noch reisen und Ausstellungen machen. Sie hatte ja Kunst studiert, als sie in Rente ging. In den ersten Monaten nach ihrem Tod konnte ich nicht darüber sprechen, ohne gleich in Tränen auszubrechen. Da war mir klar: Alleine schaffe ich es nicht!

Vom Hospiz aus wurden auch Trauergruppen angeboten, doch erst ein halbes Jahr später kam eine zustande. Sich fremden Menschen zu öffnen, war schon seltsam. Es hat mich Überwindung gekostet. Wir waren zu sechst. Es war gut zu wissen, dass alles, was in der Gruppe gesagt wird, auch in der Gruppe bleibt. Am Anfang, wenn ich im Auto zurückgefahren bin, dachte ich immer wieder: Was tust du dir da eigentlich an? Aber ich bin ein Bauchmensch und bin meinem Gefühl gefolgt, also wieder hingegangen. Jeder hat seine Trauer anders durchlebt. Und es war tröstlich zu wissen: ‚Du bist nicht allein mit deiner Trauer, auch andere trauern‘.

Spirituelle Workshops, die ein Seelsorger macht, haben mir auch sehr geholfen. Zwischen uns ist dann eine richtig schöne Freundschaft entstanden. Ihn habe ich auch mitgenommen ins Hospiz zum ersten Todestag. Vor diesem Tag hatte ich große Angst. Das Hospiz hatte ihre letzten Bilder aufgehängt, die sie gemalt hatte. Für mich war es sehr schön, bei den Vorbereitungen mitzumachen und in den Räumen zu sein, die meine Freundin zuletzt gesehen hat.“

In Gemeinschaft trauern kann helfen

Nicht immer findet man allein den Weg durch die Trauer zurück in den Alltag. Manchmal tut es gut, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Die Angebote sind zahlreich: Sie reichen von Trauercafés, Workshops, Wanderungen bis hin zu Trauerreisen.

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