Singen im Gürzenich­-Orchester zaubert Glücksgefühle und Gänsehaut

Es sind die letzten Proben des Bürgerchors des Gürzenich-Orchesters vor dem großen Konzert in der Philharmonie. Insgesamt 115 Laien zwischen zwanzig und neunzig Jahren stehen hier auf der Bühne, viele von ihnen zum ersten Mal. Angeleitet werden sie von François-Xavier Roth, Gürzenich-Kapellmeister und Generalmusikdirektor der Stadt Köln. Das Ziel: in dieser letzten Probenwoche dem Festkonzert zur Eröffnung der Konzertsaison den letzten Schliff zu geben.

Bereits der erste Bürgerchor 2022 war ein voller Erfolg. Er ist neben dem beliebten Bürgerorchester eines der beiden größten Kölner Projekte des Gürzenich-Orchesters. Sie bieten musikalischen Menschen die Möglichkeit, unter professioneller Leitung ein anspruchsvolles Programm zu erarbeiten und dieses schließlich gemeinsam in der Kölner Philharmonie aufzuführen.

Interessenten melden sich einfach

Nach dem ersten Halleluja-Einsatz ruft Roth „Energie!“ und der gesamte Chor startet mit vollem Elan in den rhythmischen Teil. „Das lässt einen sofort die Wucht der Musik erleben“, meint Neuling Michael Söndermann begeistert. Zufällig stieß er im Internet auf das Angebot, das sich an alle sangesinteressierten Kölnerinnen und Kölner wendet, gleich ob mit oder ohne Chorerfahrung.

Er erinnert sich an die Aufregung beim Vorsingen. Aber bereits nach wenigen Tönen wurde er erlöst, er war dabei. „Ich war ganz verblüfft“, erzählt er. Im Zeitraum davor gab es schon einige Termine im Orchesterzentrum des Gürzenich-Orchesters. Diese Proben wurden von Michael Ostrzyga geleitet, der als Universitätsmusikdirektor der Universität zu Köln große Erfahrung mit Chören und Orchestern hat. Söndermann ist von dem hohen Niveau sehr beeindruckt.

Auch für die Profis ein Gewinn

Renate Blum-Maurice, bereits zum zweiten Mal dabei, meint: „So viele Menschen, die sich noch nicht kennen, dass das vom ersten Moment so zusammengeht, das ist schon richtig faszinierend.“ Und sie gerät regelrecht ins Schwärmen. „Herrn Roth zu erleben, wie er mit uns umgeht, das ist fantastisch. Er hat uns in der ersten Viertelstunde zu Kollegen gemacht und das fühlt sich richtig gut an!“

Ihre Mitsängerin Ilsabé Dalchow pflichtet ihr bei: „Durch ihn erfahren wir menschliche Wertschätzung, ganz egal, ob einer mehr oder weniger gut singen kann. Keiner sieht den anderen naserümpfend an, das finde ich wichtig, und das verbindet auch.“ Auch für die Profimusiker ist diese Zusammenarbeit eine enorme Bereicherung.

„Die Energie und Freude der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist so unmittelbar, das berührt uns.“

Stefan Englert, geschäftsführender Direktor des Gürzenich-Orchesters

„Die Energie und Freude der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist so unmittelbar, das berührt uns. Als Orchester der Stadt Köln sind wir in Kindergärten, Schulen oder Seniorenheimen vor Ort, aber dass mit diesen Projekten nun auch alle zu uns eingeladen werden, mit uns gemeinsam zu musizieren, ist für uns jedes Mal etwas ganz Besonderes“, so Stefan Englert, geschäftsführender Direktor des Gürzenich-Orchesters.

Gerade diese Angebote verdeutlichen das Selbstverständnis und den Ursprung des Orchesters. Seine Geschichte ist untrennbar mit der Domstadt und ihren Menschen verbunden, denn es wurde 1827 aus der Kölner Bürgerschaft heraus gegründet, um den Kölnern auch ein musikalisches Zuhause zu geben. Heute ist es international für seine hohe musikalische Qualität bekannt und ein wichtiger Bestandteil des Kölner Lebens.

Konzertauftritte des Bürgerchors

Endlich ist der Tag des Konzerts da. Alle sind festlich gekleidet und warten auf das gemeinsame Einsingen. Hier werden Bonbons verteilt, dort hilft jemand mit dem Reißverschluss des Abendkleids. Es ist eine ganz besondere Atmosphäre voller Aufregung und Konzentration. Als es auf die Chorempore geht, sind noch die letzten „toi, toi, toi“ zu hören, dann wird es still im großen Konzertsaal der Philharmonie. Das Konzertlicht geht an. François-Xavier Roth betritt die Bühne und das Konzert beginnt.

Man sieht die Anspannung, aber auch die Freude der Singenden, hier auf der Bühne zu stehen. Das Publikum ist sofort gebannt, am Schluss gibt es tosenden Applaus. Alle sind begeistert und man sieht, wie glücklich sie in diesem Moment sind. Danach sind viele beseelt und ein wenig stolz. Beim anschließenden Kölsch-Empfang sind überall strahlende Gesichter zu sehen, es wird sich gegenseitig gratuliert und einige sprechen schon davon, dass sie gern wieder beim nächsten Bürgerchor teilnehmen möchten.