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Insel mit Aussicht

David Korsten-KölnerLeben Ausgabe 4/2017 · 08.03.2018

Klar strukturiert zeigt sich die "Insel" Lindweiler. Foto: Volker Dennebier

Klar strukturiert zeigt sich die "Insel" Lindweiler. Foto: Volker Dennebier

Der kleine Stadtteil im Bezirk Chorweiler liegt etwas isoliert zwischen Auto- und Eisenbahnstrecken. Aber Im Veedel tut sich was.

Einige Kinder spielen mit Schaufel und Eimer im Sand, andere erklimmen den Leuchtturm. Ein Junge und ein Mädchen jauchzen, während sie auf der Robbenwippe auf- und niedersausen. Der neu gestaltete Spielplatz am Hartenfelsweg gleicht einer Strandlandschaft – seit April dieses Jahres tummeln sich dort Kinder und Jugendliche, auf der Boule-Bahn nebenan spielen vor allem die Älteren. Auch auf dem Spielplatz am Pingenweg ist seit dem Frühjahr mehr Platz zum Tollen und Toben. Besonderes Highlight: eine 30 Meter lange Seilbahn. Die modernisierten Spielplätze sind zwei Projekte, die im Zuge des so genannten „Integrierten Handlungskonzepts“ (IHK) für Lindweiler umgesetzt wurden, weitere neun sind geplant. Den Beschluss fasste der Rat Ende 2014. Bis zum Start verging allerdings ein Jahrzehnt: Bereits 2004 war sich die Bezirksvertretung Chorweiler einig, dass in Lindweiler etwas geschehen muss.

Zwei Seniorenclubs, aber keine Sparkasse

Kennzeichnend für Lindweiler ist seine „Insellage“: Die südliche Grenze ist die A1, im Westen verläuft die A57, im Norden der Chorweiler Zubringer, und im Osten trennt die Eisenbahnlinie nach Düsseldorf den Stadtteil von Heimersdorf ab. Die etwa 3.500 Einwohner leben je zur Hälfte in GAG-geförderten Mietwohnungen rund um die Ortsmitte Marienberger Hof sowie in den umliegenden Einfamilienhäusern, in letzteren vorwiegend ältere Menschen.

Zwei Seniorenclubs kommen regelmäßig im Lindweiler Treff der Diakonie zusammen. „Wir singen gerne und spielen Karten, Bingo oder ‚Mensch ärgere Dich nicht‘“, erzählt Inge Zeitel vom Seniorennetzwerk Lindweiler, die die Gruppen leitet. Zu den Treffen am Mittwoch und Freitag kommen jeweils etwa zwanzig Personen, machen Gymnastik und Gedächtnistraining, und bei Kaffee und Kuchen plauschen die Senioren in geselliger Runde. Inge Zeitel kennt daher auch die Probleme der Älteren in Lindweiler genau: „Früher gab es mal eine Sparkasse“, sagt sie. Jetzt ist dort ein Kiosk. Auch eine Postfiliale vermissten viele und eine Apotheke suche man vergeblich. „Wer nicht mehr Auto fahren kann, für den ist das schon ziemlich umständlich“, sagt Zeitel.

Lindweiler
Man trifft sich gerne - ob mit Nachbarn, Freunden oder der Familie. Fotos: Volker Dennebier

Von den Alltagsproblemen insbesondere der älteren Bevölkerung berichtet auch Hans-Jürgen Brause. Er vertritt die Bürger Lindweilers im Veedelsbeirat, der im Zuge des IHK ins Leben wurde. Dort können die Bürger Fragen stellen und Bedürfnisse äußern. „Viele wünschen sich kürzere Wege im Alltag“, sagt er. Es gebe zwar einen kleinen Supermarkt in der Ortsmitte, doch für alles andere müssten die Lindweiler einige Kilometer mit dem Bus oder dem Fahrrad in die angrenzenden Stadtteile fahren, nach Pesch, Chorweiler oder Longerich.

Die Ortsmitte rund um den Marienberger Hof soll ebenfalls neugestaltet werden. „Es gibt dort viele ungenutzte Gewerbeflächen“, sagt Vanessa Weller, Projektkoordinatorin für Lindweiler beim Amt für Stadtentwicklung und Statistik. Das kleine Zentrum soll attraktiver werden, eine neue Pflasterung und Sitzgelegenheiten erhalten. „Die Fertigstellung ist für 2019 geplant“, sagt Weller. Damit verbinden die Planer die Hoffnung, dass sich wieder mehr Geschäfte in Lindweiler ansiedeln.

„Da mache ich mir aber keine Illusionen“, meint Brause dazu. „Hier leben einfach zu wenige Leute. Für Unternehmen rechnet sich das möglicherweise nicht.“ Dennoch gehe es kleinen Schritten voran. So seien etwa die garagengroßen Stromhäuschen künstlerisch gestaltet worden. „Das kostet nicht viel, ist aber wichtig für eine höhere Lebensqualität.“ Sichtbare Veränderungen zeigten den Bürgern, dass sich das gemeinsame Engagement lohnt.

Lino-Club für alle Generationen

„Mit den Mitteln aus dem Integrierten Handlungskonzept haben wir im Juni auch das Stadtteilfest zum 40-jährigen Jubiläum Lindweilers finanziert“, sagt Angelika Klauth. Sie ist zuständig für das soziale Quartiersmanagement in Lindweiler, das früher zu Heimersdorf gehörte, und hat das Fest federführend organisiert. Gemeinsam mit Hans-Josef Saxler leitet sie zudem den Lino-Club. Das Kinder- und Jugendzentrum selbst soll schrittweise zu einem generationenübergreifenden Bürgerzentrum ausgebaut werden, mit dem Beschluss des Landes NRW rechnet die Stadt Ende 2017. „Man braucht schon einen langen Atem“, sagt Saxler. „Aber wenn Bands wie Pelemele oder Kasalla hier bei uns im Zirkuszelt auftreten, zieht das auch Menschen aus anderen Stadtteilen an“, sagt Klauth mit Blick auf die Veranstaltungen in Lindweiler. Für den Austausch über Veedelsgrenzen hinweg müsse man schon etwas tun, sind sich die beiden einig. „So kann aus dem Nebeneinander ein Miteinander werden“, sagt Saxler. In Lindweiler ist von Resignation keine Spur, und nach der langen Zeit des Wartens und des Nachhakens kommt allmählich Bewegung ins Veedel. Und das sind doch recht positive Aussichten für die „Insel“ Lindweiler.

In dieser Serie stellt KölnerLeben je ein Veedel aus jedem der neun Stadtbezirke vor:

Riehl
Dünnwald
Deutz
Neubrück
Godorf
Ehrenfeld

Lindweiler in Zahlen

(in Klammern zum Vergleich immer kleinster und größter Wert in der Stadt Köln; Quelle: Stadt Köln, Amt für Stadtentwicklung und Statistik, Stand: 31.12.2015)

Fläche: 1,16 Quadratkilometer
(Mauenheim 0,49 / Eil 16,25)

davon Erholungsflächen: 13,1 Prozent
(Immendorf 0,9 / Höhenberg 43,3)

Einwohner: 3.460 insgesamt, je Quadratkilometer
2.992 (Roggendorf 299 / Neustadt-Süd 13.596)

Alter: 1.056 (30,5 Prozent) älter als 60 Jahre
(Ehrenfeld: 15,3 / Heimersdorf 34,5)

Alle für Senioren wichtigen Adressen sind erhältlich beim Beratungstelefon für Senioren:
Tel. 0221 / 221-2 74 00

Tags: Stadtteile

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