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Abfallwirtschaftsbetriebe: Gut sortiert - Abfallwirtschaftsbetriebe Köln

Philipp Haaser · 22.04.2024

Zurück in den Wertstoffkreislauf


Statt den Sperrmüll zu Hause abholen zulassen, kann man ihn hier sofort loswerden. Foto: Thilo Schmülgen

Gründlichkeit ist auch notwendig, um möglichst viele der angelieferten Materialien wieder dem Produktionskreislauf zuzuführen. 60 Prozent der Menge, die sie in den beiden Wertstoff-Centern Ossendorf und Gremberghoven annimmt, führt die AWB der „stofflichen Wiederverwertung“ zu. Damit werden im Bundesgesetz, das die Rahmenbedingungen für die Abfallwirtschaft setzt, die Verfahren bezeichnet, die alltagssprachlich unter Recycling fallen. Umgekehrt heißt das, 40 Prozent landen in der Müllverbrennung oder in der „thermischen Verwertung“, so die entsprechende Bezeichnung. „Verwertung“, weil auch die Hitze, diebei der Verbrennung entsteht, noch genutzt wird, um Strom oder Fernwärme zu erzeugen.

„Für mich und mein Team ist eine hohe Quote wichtig“, sagt Daniel Urban, Chef der 16-köpfigen Truppe in Ossendorf, die ausschließlich aus Männern besteht und in zwei Schichten arbeitet. Der Anteil des Mülls, der wiederverwertet wird, ist die Größe, nach der er die Arbeit bewertet – und zwar die alleinige, wie er betont. Mit wirtschaftlichem Druck müssen sich andere auseinandersetzen. Das erscheint sinnvoll, denn Urban hat genug zu tun. In den 17 Jahren, die er in Ossendorf arbeitet, hat sich die Anlage stetig verändert. „Als ich angefangen habe, standen da drei Container im Dreck“, sagt er.


Foto: Thilo Schmülgen

Heute sind es ein knappes Dutzend, die unter einer betonierten Rampe stehen. Das Abladen aus den Autos ist komfortabler geworden. Und weil sie immer mehr Müllsorten trennen – in der Branche spricht man von Fraktionen –, steigt die Quote kontinuierlich. CDs, Leuchtstoffröhren, Handys, Fernseher, Drucker, harter Kunststoff und weiche Verpackungen: 23 verschiedene Fraktionen sind es derzeit.

Die Weiterverarbeitung übernehmen spezialisierte Unternehmen. In Köln zählt dazu vor allem die Abfallverwertungsgesellschaft AVG, ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem die Stadtwerke als kommunale Tochter mit 50,1 und das private Unternehmen Remondis mit 49,9 Prozent beteiligt sind. Auf deren Gelände in Niehl landet ein großer Teil der 15 bis 20 Container, die jeden Tag gefüllt Ossendorf verlassen. Die größte Menge verzeichnet Urban beim Sperrmüll: rund 10.000 Tonnen im Jahr. Darauf folgen die Holzabfälle mit bis zu 7.000, Grünschnitt mit 3.000, Elektrogeräte mit 2.600, Papier mit 1.600 und Metalle mit 1.200 Tonnen.


Foto: Thilo Schmülgen

Einen stark wachsenden Anteil machen die Elektrogeräte aus, die allerdings in einem gesonderten System bearbeitet werden. Deren Hersteller sind gesetzlich zur Entsorgung verpflichtet. Sie finanzieren gemeinsam eine Stiftung, die diese Aufgabe übernimmt. Die AWB wiederum nimmt für sie die alten oder kaputten Geräte der Verbraucher an, von der Steckdosenleiste mit Schalter über den blinkenden Kinderschuh bis zur Sofagarnitur mit eingebautem Leuchtstreifen. Auch die „weiße Ware“ wie Kühlschrankkombinationen und Waschmaschinen gehört dazu.

Was in welche Unterkategorie fällt, ist gesetzlich festgelegt und ändert sich doch stetig mit den Konsumgewohn-heiten. Seltene Erden und leicht entzündliche Lithiumzellen: Während früher Schuhe fraglos in den Altkleidercontainer gehörten,so ist mancher Kinderschuh heute Elektroschrott. „Damach’ ich mir schon so meine Gedanken, ob das nötig ist“, sagt Urban angesichts des Massenkonsums, dessen Auswirkungen er jeden Tag vor Augen hat. Für seine Mitarbeiter bedeutet das, sie müssen sich kontinuierlich fortbilden.

Zur Wahrheit gehört auch: Nicht alle Materialien können gleich gut wiederverwendet werden. Kunststoffe sind schwierig sortenrein zu trennen. Und ihre Herstellung ist immernoch so günstig, dass sich das Recycling oft nicht lohnt. „Das sind Hemmnisse für uns“, sagt Tilo Dumuscheit, Pressesprecher der AVG, die auch die Müllverbrennungsanlage in Niehl betreibt. Staatliche Quoten für die Herstellung von neuem Kunststoff könnten das ändern, sagt er. Aber auch die kommunalen Betriebe können ihre Abläufe optimieren. Die AVG arbeite derzeit daran, ihre Kunststoffsortierung zu verfeinern.

Zukunftsmusik? Was jetzt schon möglich ist

In anderen Städten reagieren die Wertstoffhöfe darauf, indem sie den Müll in noch mehr Gruppen trennen. Darauf weist Susanne Fischer vom Wuppertal Institut hin. Die Wissenschaftlerin befasst sich mit Stoffkreisläufen. Vorbildlich geschehe das im kleinen Nachbarland Luxemburg. 120 Fraktionen würden dort schon bei der Annahme unterschieden: Speisefette, Feuerzeuge, Tonerkartuschen nennt sie als Beispiele. Im grenznahen Saarland haben sich die Mitarbeiter der Gemeinde Mettlach daran ein Beispiel genommen. Sie trennen immerhinin vierzig verschiedene Stoffgruppen und wurden mit einem Gütesiegel für ihr „Rückkonsum-Zentrum“ ausgezeichnet.


Die AWB-Mitarbeiter verwerten Abfallmanchmal auch als Dekoration. Foto: Thilo Schmülgen

Für die Kunden wurden Anreize geschaffen. Ihre Restmülltonnen werden bei der Abholung gewogen und die Abfallgebühren nach dem tatsächlichen Gewicht ihres Inhalts berechnet. „Da eröffnet sich eine ganz andere Dimension“, sagt Fischer. Weniger Verunreinigung, weniger Arbeit im anschließenden Sortierprozess und eine höhere Recyclingquote seien die entscheidenden Vorteile. Solche Pilotprojekte beobachtet auch die AWB. Doch bislang stimmen die Rahmenbedingungen nicht.

„Die Trennung ist bei uns auf die regionale Müllverarbeitung ausgelegt“, sagt deren Pressesprecher Wilfried Berf. Mehr Fraktionen zu unterscheiden mache keinen Sinn, wenn im Anschluss wieder mehrere Stoffe gemeinsam verarbeitet würden – ein Problem, mit dem die Kölner nicht alleine dastünden. In allen deutschen Großstädtensei die Quote der wiederverwerteten Stoffe ähnlich, so Berf.

Eine weitere Idee, die Forscherin Fischer als vorbildlich lobt, hat die AWB online umgesetzt. Noch mehr als beim Recycling kann der Kunde zur Müllvermeidung beitragen. Auch hier hilft die AWB. Auf ihrer Webseite können Kölner noch funktionsfähige Elektrogeräte, Möbel, Einrichtungsgegenstände, Werkzeuge und mehr anbieten – wahlweise zum Tausch oder zum Verschenken. Fast jeden Tag kommt eine Anzeige hinzu.
Andere Wertstoffhöfe haben das in ihre Abläufe vor Ort integriert und kooperieren mit Sozialkaufhäusern, die gebrauchte oder leicht reparaturbedürftige Gegenstände erhalten. Wiederverwendung, so Fischer, sei noch nachhaltigerals Recycling. Die AWB setzt auf Information und den Gebrauchtwarenmarkt einer Großstadt. „Der funktioniert gut“, so Berf. Und was nicht mehr zu reparieren ist, ist bei Daniel Urban und seinen Leuten in guten Händen.

 

Informationen

Die AWB betreibt zwei Wertstoff-Center: in Ossendorf, Butzweilerstr. 50, und in Gremberghoven, August-Horch-Straße 3.

Öffnungszeiten

Montag bis Freitag: 8–20 Uhr
Samstag: 8–16 Uhr.

Mehr Informationen – auch zur Sperrmüllabholung und zu den Schadstoffmobilen – sind unter Telefon: 0221 / 922 22 24, per E-Mail an kundenberatung@awbkoeln.de, in der Smartphone-App der AWB und auf der Webseite zu bekommen

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Tags: Recycling , Rohstoffe

Kategorien: Unser Köln