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Leben in Köln

Große Hafentour: Kleiner Urlaub zu großen Pötten

Susanne Schramm · 06.07.2020

Im Deutzer Hafen geht es noch beschaulich zu. Bis 2030 soll dort ein neues Stadtquartier für fast 7.000 Bewohner entstehen. Foto: Deutzer Hafen © MS-Rhein Cargo

Im Deutzer Hafen geht es noch beschaulich zu. Bis 2030 soll dort ein neues Stadtquartier für fast 7.000 Bewohner entstehen. Foto: Deutzer Hafen © MS-Rhein Cargo

Wasser, Wind und Wellen – von Rheinauhafen bis Hafen Niehl I. Auf der „Großen Kölner Hafentour“ erfährt man viel Wissenswertes über die Kölner Schifffahrt.

Freitag, kurz vor 14 Uhr, am Anleger 10. Vor dem Kartenhäuschen hat sich eine lange Schlange gebildet. Während man wartet, hat man Muße, das gegenüberliegende Ufer zu betrachten, mit seinem Panorama aus Messeturm und Messehallen, Staatenhaus, Tanzbrunnen und Cologne Beach Club. Ein Hund bellt aufgeregt, zerrt an der Leine. Fast so, als wüsste er, dass auch er mit an Bord darf.

Die „MS Rhein Cargo“ mit ihren 250 Plätzen ist abfahrbereit, sie gehört, ebenso wie die kleineren „MS Rheinperle“ und „MS Rheinland“, zur Flotte der Personenschifffahrt M. Schmitz GmbH & Co KG. Für die Hafentour kooperiert der in dritter Generation geführte Familienbetrieb mit der „Häfen und Güterverkehr Köln AG“ (HGK). Sie öffnet ihre Häfen für den Ausflug zwischen romantischen Industriekulissen und hochmoderner Containerverladung.

Kuchen auf dem Freideck

Die Plätze unten im Salon finden bei dem hellen Sonnenschein keine Liebhaber. Alle wollen nach oben, aufs Freideck. Noch ehe es „Leinen los“ heißt, sind die Ersten mit Kaffee und Kuchen versorgt. Die nächsten drei Stunden sind soetwas wie Urlaub. Mitten am Tag, mitten in der Stadt. Wobei man sogar als Kölner noch etwas lernen kann. Weil es um Orte geht, die sonst eher ein Schattendasein in der öffentlichen Wahrnehmung führen: die Kölner Häfen.

Während der Fahrtwind Strähnen aus Hocksteckfrisuren löst und Pullover um Schultern geknotet werden, geht es rheinaufwärts vorbei an Altstadt, Fischmarkt und Stapelhaus. Seit dem Mittelalter spielte sich der Güterumschlag direkt am Flussufer ab. Bis es Anfang des 19. Jahrhunderts hieß: „Wir brauchen einen Hafen in der Stadt.“ Der 1813 zwischen Ebertplatz und Bastei eröffnete Napoleonhafen ist heute Geschichte, versandet und zugeschüttet.

An den Rheinauhafen, am 14. Mai 1898 feierlich eingeweiht, erinnert heute noch das Alte Hafenbauamt. Da, wo einst fast 5.000 beladene Schiffe im Jahr anlegten, recken jetzt die Kranhäuser ihre Hälse als Wahrzeichen einer modernen Wohn-, Kultur- und Bürolandschaft in die Luft. Nur der Yachthafen, der noch in Betrieb ist, und die denkmalgeschützten Kräne am Südkai sind geblieben. Ähnliches steht einem Teil des Deutzer Hafens – er wurde 1907 eröffnet – am Ufer gegenüber bevor: Hier ist ein neues Wohn-, Gewerbe- und Dienstleistungszentrum in Planung.


Containerlandschaft in Niehl I. Sie dienen dem Transport von Getreide, Zucker, Motorenteilen, Kunststoffgranulat und anderem. Foto: MS-Rhein Cargo

Mülheim und Niehl – zwei Gegensätze

Langsam entschwindet das Sonnenstern-Logo auf der Ellmühle den Blicken. Es geht rheinabwärts. Am Himmel ziehen Federwölkchen vorüber, hauchzarte weiße Gebilde, wie von Hand ins Blau hinein aquarelliert. Heute ist Köln nach Duisburg der größte deutsche Binnenhafenstandort. Noch in Betrieb als Güterumschlagsplätze sind vier Häfen. Der in Mülheim, der nächsten Station der Tour und nur fünf Jahre nach dem Deutzer eröffnet, gehört nicht dazu.

Hinter dem „Katzenbuckel“, einer Brücke, die so heißt, wie sie aussieht, taucht eine Insel auf. Sie teilt das Areal in zwei Becken. Hier haben die „Bautaucher“ ihr Domizil und Schiffe werden überholt. Bepflanzte Hausboote und die Ruine einer stillgelegten Gießerei prägen diesen verwunschenen Ort. An den Wänden der Kaimauern wirken die Graffitis wie blasse Stickereien auf brüchigem Brokat.

Ganz anders dagegen Niehl I. In den 1920er-Jahren angelegt, ist er nicht umsonst der Höhepunkt der Tour und mit rund 1,3 Millionen Quadratmetern Gesamtfläche der größte Kölner Hafen. An der zentralen Logistikdrehscheibe im Norden der Stadt herrschen Hightech und Getriebe. Hier werden Waren direkt aufs Gleis gesetzt oder auf den Lastwagen umgeladen.

Ein Blick auf die Fordwerke

Die aufeinandergestapelten Container könnten das Spielzeug von Riesenkindern sein, bunte Bauklötze aus Metall, in denen Getreide, Zucker, Teile von Motoren, Kunststoffgranulat und anderes transportiert wird. „Tante-Emma-Laden“ nennen die Hafenleute das Gebiet. Hautnah kann man computergesteuerten Portalkränen beim Greifen zusehen. In einem Teil werden Schiffe gewartet, insbesondere Ausflugsschiffe. Aber auch solche, die von der nächsten Flusskreuzfahrt träumen.

Weiter geht es, vorbei an Silos, geformt wie gigantische Zigarrenhülsen. Werden sie befüllt, sirrt und rieseltes gewaltig. In die Einfahrt der Fordwerke im Hafen Niehl II muss ein Blick genügen, hier ist die Zufahrt verboten. Zu schade, denn sonst könnte man sehen, wie die Fiestas im Roll-on-Roll-off-Verfahren direkt vom Band ins Schiff rollen.

Viel Stoff zum Nachdenken für die Rückfahrt hat man auch so. Oder man genießt einfach nur den Blick auf die Binnenschiffe, die träge vorbeiziehen, auf die Niehler Aue und die knorrigen Bäume am Ufer. Kurz vor 17 Uhr ist die Fahrt leider doch zu Ende. Aber wo steht geschrieben, dass man nur einmal mitfahren darf?

Informationen über die Große Kölner Hafentour

Abfahrt: Konrad-Adenauer-Ufer, Anleger 10, auf Höhe des Musical Dome.
Bis September: Dienstag bis Freitag, 14–17 Uhr.
Karten (Tageskasse): 24,50 Euro, Senioren ab 60 Jahre (mit Ausweis, nicht an Sonn- und Feiertagen): 22,50 Euro.
Vorverkauf über Köln Ticket,Tel. 0221 / 28 01 oder www.koelnticket .de oder www.koelntourist.net/hafentouren

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Tags: Ausflugstipp in Köln , Kölner Stadtgeschichte

Kategorien: Leben in Köln