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Begrünen: Von Fassadenkletterern und Mauerblümchen

rde · 08.04.2024

Dirk Frölich in seinem Hof-Biotop. Foto: Nabil Hanano

Dirk Frölich in seinem Hof-Biotop. Foto: Nabil Hanano

Grün in der Stadt wird in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger. Da ist auch der grüne Daumen der Hausbewohner gefragt. Geld dazu gibt’s auch.

Weinreben ranken an den Wänden des Drei-Fenster- Hauses an der Marienstraße empor, der Boden ist mit Kies bedeckt. Seit dem Frühjahr vergangenen Jahres grünt und blüht es auch auf dem Flachdach. Dort stand zuvor ein baufälliger Schuppen für Rad und Mülltonnen. „Der musste neu gemacht werden, da haben wir direkt ein Gründach angelegt“, erzählt Hausbesitzer Dirk Frölich. Warum? „Weil es einfach schön ist.“ Nur die Statik wurde vorab geprüft, schon konnte es losgehen. Blumenwiesensamen, Ableger von Nachbarn, quasi alles, was nicht tief wurzelt, wurde angepflanzt. Kein grüner Daumen, aber einfach mal machen, sei seine Devise gewesen, so Frölich. Das Ergebnis: ein echter Hingucker.

Und nicht nur das: Das Grün lockt Insekten an, die wiederum Vögel. Für den EDV-Berater ein schönes Schauspiel, wenn er nach einem Tag vor dem Computer bei einer Tasse Kaffee seine grüne Oase genießen kann. Und die kann noch mehr: „Bei dem langen und heißen Sommer 2018 hatten wir merklich besseres Klima“, sagt Frölich. Während es auf der Straße heiß und kaum zum Aushalten war, war es im Innenhof des Gebäudes aus dem Jahre 1903 angenehm. Denn Grün hilft dabei, Wasser zu binden. Verdunstet es, zieht das einen kühlenden Effekt nach sich. „Es war so um die neun Grad kühler“, ist Frölichs Erfahrung.

Begrünte Fahrradabstellplätze
Wer kein ganzes Hausdach begrünen möchte, kann auch im Kleinen anfangen: etwa mit Fahrradständern oder Mülltonnenkästen. Foto: BuGG

Kühler durch mehr Grün. Ein Effekt, den Marita Schlüter bestätigen kann. Sie wohnt im Erdgeschoss in einem Altbau einer Eigentümergemeinschaft in Nippes. Auch hier gibt es Wein und anderes Grün an der Fassade. Mitte der Neunziger Jahre hat sie gepflanzt – damit der Hinterhof schöner wird. Während sie beruflich für einige Jahre im Ausland weilte, seien die Pflanzen an der Balkonabstützung hochgeklettert. Die Nachbarn habe das wenig gestört. Im Gegenteil, als die Agraringenieurin wieder zurück war, wollten die Nachbarn das Grün gar nicht mehr missen. Und so genießen neben Marita Schlüter auch die übrigen Hausbewohner an der Simon-Meister- Straße die Vorzüge eines besseren Mikroklimas und das Zusammenspiel von Flora und Fauna.

Die Stadt soll grüner werden

Dirk Frölich in Ehrenfeld und Marita Schlüter in Nippes sind gute Beispiele dafür, wie die Stadt grüner werden kann. Denn das soll sie. 2018 hatte der Stadtrat den Startschuss gegeben. Das Umwelt- und Verbraucherschutzamt hat daraufhin das Programm „Grün hoch 3 – Dächer, Fassaden, Höfe“ gestartet. Das komme gut an, sagt Silvia Birkenstock vom Umweltamt der Stadt. Rund 800 Anträge sind seitdem bei der Stadt eingegangen. Viel mehr als in Berlin und Düsseldorf, so Birkenstock. Die Politik wertet das Programm ebenfalls als Erfolg. Der Stadtrat hat 2023 das Förderprogramm bis Ende Juli 2028 verlängert. Auch die Fördersumme wurde erhöht. Standen für die ersten fünf Jahre 3 Millionen Euro zur Verfügung, sind es bis zum Jahr 2028 jährlich eine Million Euro.

Die können Hauseigentümer, Mieter, die sich mit ihren Vermietern abgestimmt haben, aber auch Vereine und Initiativen abrufen, um private Haus- und Hofflächen zu begrünen. Birkenstock betont, dass auch kleine Gewerbebetriebe einen Zuschuss beantragen können. Bis dato seien fast ausschließlich Anträge von Privatleuten eingegangen. Als finanziellen Anreiz übernimmt die Stadt 50 Prozent der Kosten. Maximal 40 Euro pro Quadratmeter und 20.000 Euro pro Antragsteller und Jahr werden bezuschusst. Das Ziel: Das Stadtklima positiv zu beeinflussen.

Denn das Stadtklima ändert sich. „Wir erwarten im Laufe des Jahres neue Zahlen durch den Deutschen Wetterdienst“, erzählt Birkenstock. Entsprechenden Berechnungen zufolge könnten künftig Temperaturen von bis zu 45 Grad im Sommer keine Seltenheit sein. Laut einer älteren Studie des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) wird die Zahl der Sommertage in Köln bis zum Jahr 2050 um rund 38 Prozent steigen, die der Hitzetage sogar um etwa 57 Prozent. „Wir gehen derzeit davon aus, dass sich die Zahlen noch erhöhen“, sagt Birkenstock. Die Folge: Dort, wo es viele bebaute Flächen gibt, steigen die Temperaturen. Beton und Steine nehmen die Sonnenstrahlung in sich auf und speichern sie als Wärmeenergie. Wenn es, etwa abends, endlich kühler wird, geben sie sie wieder ab.

Pflanzenpolster statt Pflastersteine

Es gibt noch einen weiteren positiven Aspekt, wenn Grün den Vorrang vor Steinen hat: Wasser kann besser abfließen. Eine Überflutungsgefahr durch Starkregen kann so deutlich verringert werden. Denn langfristig werden auch mehr Tage mit Starkregen erwartet. Die Entsiegelung von Flächen spielt deswegen in dem Projekt ebenfalls eine große Rolle, auch dafür kann ein Zuschuss beantragt werden. Neu ist, dass es nun auch einen Zuschuss für Regenwasserspeicher gibt. Deren Anschaffung und Einbau ab einem Volumen von 950 Litern werden umabhängig von einer bezuschussten Begrünung ebenfalls gefördert. Birkenstock macht zusätzlich noch Werbung für ein anderes Förderprojekt der Stadt. Mit dem werden Photovoltaikanlagen auf Wohngebäuden oder Gewerbeimmobilien bezuschusst. Dies lasse sich auch mit dem Programm „Grün hoch 3“ kombinieren.

Nachträglich gibt es leider keinen Anspruch auf ein Fördergeld der Stadt. Frölich und Schlüter stört das allerdings wenig, genießen sie doch jetzt schon die „grünen Vorzüge“. Da fällt auch das Kehren, wenn nach dem Herbst der Wein seine Blätter verliert, leicht. Allerdings freuen sie sich auf Nachahmer. Neueinsteigern rät Frölich: „Einfach mit kleinen Sachen anfangen, ausprobieren und loslegen.“

Antragstellung für Grün hoch 3:

Umwelt- und Verbraucherschutzamt
Willy-Brandt-Platz 2
50679 Köln

Tel.: 0221 / 221-2 53 84 oder -3 61 64
E-Mail: gruenhoch3@stadt-koeln.de

Die detaillierte Förderrichtlinie und weitere Informationen finden Sie unter: https://www.stadt-koeln.de/artikel/67044/index.html

Photovoltaik – klimafreundliches Wohnen und Arbeiten

Umwelt- und Verbraucherschutzamt 

Telefonische Beratung: Dienstag bis Freitag: 9 bis 12 Uhr

Telefon:0221 / 221-3 43 44

E-Mail: gebaeudesanierung@stadt-koeln.de

Mehr zu den Förderprogrammen für Photovoltaikanlagen auf Wohngebäuden oder Gewerbeimmobilien:

https://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/klima-umwelt-tiere/klima/klimafreundliches-wohnen-arbeiten

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Tags: Garten , Klimaschutz

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