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Raus aus Köln

Natur und Kunst: Museum Insel Hombroich

Susanne Neumann-KölnerLeben Ausgabe 3/2016 · 29.03.2017

Foto: Norbert Breidenstein

Foto: Norbert Breidenstein

„Vielleicht ist die Insel nur zu erleben, nicht zu beschreiben“, hat Karl-Heinrich Müller über sein Lebenswerk gesagt. KölnerLeben wagt beides.

Eine recht steile Treppe führt hinab in die Erftaue. Dort empfängt uns am Vormittag eine von Seen und Wasserläufen durchzogene und im Sonnenlicht gleißende Wiesenlandschaft. Meine Mutter (79) und ich (46) besuchen an diesem milden Tag zum ersten Mal das Museum Insel Hombroich – ein Ensemble aus Natur, Architektur und Kunst an der Erft bei Neuss. Das weitläufige Auengelände vereint Wiesen, einen verwunschenen Park und einen Bauerngarten auf einer Terrasse. Kieswege und die verschlungenen Pfade im Park und entlang der Erft führen zu vereinzelten, teils von hohen Büschen und Bäumen versteckten Gebäuden aus alten Ziegeln. Darin erwarten uns Schätze aus aller Welt.

Kunst in Vielfalt

Der im Jahre 2007 verstorbene Stifter, der Kunstsammler und Immobilienhändler Karl-Heinrich Müller, hat das Museum Insel Hombroich in den 1980er-Jahren initiiert und gegründet. Er kaufte den alten Landsitz einer Industriellenfamilie mit dem „Rosa Haus“ und einem verwilderten Park sowie angrenzende Äcker und Felder. Seine Idee: Die Vielfalt der Kunst sollte sich hier mit der Vielfalt der Natur treffen. Der Gartenarchitekt Bernhard Korte gestaltete das Landschaftsbild. Und der Bildhauer Erwin Heerich, der für seine geometrischen Plastiken aus Kartons bekannt war, entwarf zehn Gebäude als begehbare Skulpturen. In ihnen sind die Exponate aus Müllers Kunstsammlung zu entdecken: Bilder und Plastiken bedeutender Künstler der Gegenwart und Vergangenheit sowie archäologische Funde, Schätze des Altertums und ethnische Kultgegenstände.

Das erste Gebäude, das uns begegnet, ist jedoch vollkommen leer. Diese begehbare Skulptur will selbst erlebt werden. Sie heißt „Turm“ und täuscht optisch über ihre perfekte Würfelform hinweg. Wir treten durch eine der vier gläsernen Türen ein, die jeweils genau in der Mitte der vier Wände gegenüber liegen – und lassen den Raum auf uns wirken: Im weiß getünchten Inneren des Turms werden die Türen zu Bildern von der Natur draußen. Und die Akustik des Raums fordert schier dazu auf, Laute von sich zu geben. Mir wird klar, warum es Besucher gibt, die extra zum Singen im Turm auf die Insel kommen.

Museum Insel Hombroich
Foto: Norbert Breidenstein

Skulpturen im Blick

Die weiten Wiesen im Blick spazieren wir vom Turm aus auf einem Kiesweg durch die Auenlandschaft. Einst war sie vom nahen Braunkohletagebau trocken gelegt und in Äcker umgewandelt worden. Heute ist die Aue wieder hergestellt und Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere. Naturbelassene Abschnitte der Erft bescheren uns pittoreske Ausblicke und werden uns während unserer Wanderung noch mehrmals an den Flusslauf locken.

Die „Hohe Galerie“ mit Skulpturen von Heerich dient als Passage in den verwunschenen Park. Wir schlendern über verschlungene Wege und stoßen auf einzelne Pavillons, die sich zwischen gewaltigen Rhododendren, von Efeu umrankten Büschen und Bäumen, Buchsbäumen und Koniferen verstecken. Ein Erft-Umlauf machte den Park einst zu einer richtigen Insel. Zwei Brücken führen über den Graben, der heute zum Teil verlandet ist. Er soll jedoch einmal wieder Wasser führen. Engagierte Ehrenamtliche helfen dabei, ihn freizuschaufeln.

Aus verschiedenen Richtungen stoßen wir auf das Reich des Bildhauers und Joseph-Beuys-Schülers Anatol Herzfeld. Seine Plastiken aus Eisen, Stein oder Holz finden sich auf dem gesamten Gelände, konzentrieren sich aber auf jenes Areal rund um sein Atelier unweit der Hohen Galerie. Als wir auf den Pfaden in seinem Skulpturengarten umherwandern, können wir den Künstler flüchtig an seiner Wirkungsstätte beobachten.

Eigene Wege finden

Schilder, die uns den Weg weisen könnten, gibt es nicht. Das gehört zum Konzept: Die Besucher sollen sich treiben lassen und ihre eigenen Wege finden. Zur Orientierung können sie sich am Eingang ein Faltblatt mit ein paar Informationen und einer einfachen Wege- und Gebäudeskizze mitnehmen. Doch sich zu orientieren ist gar nicht so einfach. „Ich fände es gut, wenn wenigstens die Gebäude ausgewiesen wären“, konstatiert meine Mutter, nachdem sie sich im Park verlaufen hat.

„Man muss schon noch gut zu Fuß sein, wenn man die Insel erkunden will“, findet sie. Die Kunstwerke in den einzelnen Gebäuden sind ebenso wenig benannt oder mit irgendwelchen Erklärungen versehen. Bewacht werden sie übrigens auch nicht.

Der gerade erst renovierte Tadeusz-Pavillon wurde extra für die Werke des Düsseldorfer Malers Norbert Tadeusz gebaut. In anderen Heerich-Gebäuden wurden Zeiten und Kulturen scheinbar willkürlich miteinander arrangiert.

Im „Labyrinth“ hat der Künstler Gotthard Graubner seine eigenen Farbraumkörper, die wie große Sitzpolster aussehen und an den Wänden hängen, mit frühgeschichtlichen Skulpturen aus dem Fernen Osten in Kontrast gesetzt.

Im frisch renovierten Pavillon namens „Schnecke“ vergnügen wir uns damit, die Schöpfer der ausgestellten Grafiken und Skulpturen zu erraten, auf die bestenfalls die Signaturen Hinweise geben. Laut mitgeführtem Faltblatt hängen hier Zeichnungen, Aquarelle und Cézanne, Gustav Klimt, Matisse und Rembrandt neben Plastiken von Giacometti, Norbert Kricke und Medardo Rosso. Zum Teil finden wir die Berühmtheiten in richtig dunklen Ecken. Es ist die Besonderheit aller Pavillons von Heerich, dass überhaupt kein künstliches Licht Raum und Werke ausleuchtet. Dafür ist allein das Tageslicht zuständig. Es fällt durch Oberlichter, Glaswände und Türen. So lassen sich die Räume und Werke im Wandel der Lichtverhältnisse parallel zum jahreszeitlichen Wandel der Natur draußen immer wieder neu entdecken. „Wir waren schon zu allen Jahreszeiten dort“, erzählen uns Freunde nach unserem Besuch. „Weil die Insel immer wieder anders ist.“

Museum Insel Hombroich
Minkel 2
41472 Neuss
Infos: 0 21 82 / 887 40 00

Das Museum ist täglich von 10 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt für Erwachsene beträgt 15 Euro, für Schüler, Studenten und Menschen mit Behinderung 7 Euro, Familien (2 Erwachsene und 3 Kinder) zahlen 35 Euro, Kinder unter 6 Jahren sind frei.

Tags: Kultur , Kunst , Museum

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