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Leben in Köln

Interview: Henriette Reker (Teil 1)

Wolfgang Guth- KölnerLeben Ausgabe 5/2016 · 29.03.2017

KölnerLeben: Die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an der Entwicklung der Stadt ist eines Ihrer zentralen Themenfelder. Welche Mitwirkungsmöglichkeiten eröffnen Sie den Menschen und was erwarten Sie umgekehrt aber auch von ihnen?
Henriette Reker: Beteiligung bedeutet sich einzubringen, mitzugestalten. Dafür gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Konkrete aktuelle Beispiele: am Beteiligungsverfahren Planung Parkstadt Süd oder dem Namenswettbewerb für die Archäologische Zone.
Um mich für das Wohl aller Kölnerinnen und Kölner einzusetzen, muss ich mit den Menschen in unserer Stadt sprechen. Dafür habe ich eine Dialogreihe eingerichtet: die Stadtgespräche. So kann ich mich in allen Stadtbezirken mit den Kölnerinnen und Kölnern vor Ort über ihre Anliegen austauschen. Und so erreiche ich auch einen Teil der Menschen, die nicht gewählt haben und sich nicht in Parteien, Verbänden, Vereinen oder sonstigen Initiativen organisieren.

Foto: Akhlis Abbis

Klappt der Dialog?
In den Stadtgesprächen stelle ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Fragen dazu, wie sie sich künftig die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in Köln vorstellen. Denn es ist mir wichtig, ein gemeinsames Verständnis für eine demokratische Kultur und damit eine gute Beteiligungskultur hier in Köln zu entwickeln. Umgekehrt erwarte ich von den Bürgerinnen und Bürgern, dass sie bereit sind, sich für ihre Interessen einzusetzen und sich auf einen Dialog einzulassen, wie wir künftig hier in unserer Stadt miteinander leben wollen. In einer Großstadt mit einer so vielfältigen Stadtgesellschaft, mit noch vielfältigeren Interessen wird es immer darum gehen müssen, miteinander Ziele und Positionen auszuhandeln. Das braucht die Bereitschaft zum ehrlichen Dialog und die Bereitschaft, Kompromisse einzugehen.

Auch die Seniorenvertretung ist ein gelebtes Beispiel für Bürgermitwirkung. Als Botschafterin für deren Wahl sind Sie für viele Kandidaturen eingetreten und werben nun für eine hohe Wahlbeteiligung. Warum ist die Seniorenvertretung wichtig?
Die Seniorenvertretung der Stadt Köln vertritt die Interessen der eigenen Generation gegenüber der Politik, der Verwaltung und den Trägern und Einrichtungen der Seniorenarbeit. Und die Gruppe der Älteren wird immer größer. Deshalb wird ihre aktive und direkte Beteiligung immer wichtiger. In der Seniorenvertretung ist jede Menge Erfahrung und Expertenwissen vorhanden. Das müssen wir für Köln nutzen!

Foto: Akhlis Abbis

Mit welchen Argumenten rufen Sie 240.000 wahlberechtigte Kölnerinnen und Kölner ab 60 Jahren zur Stimmabgabe auf?
Das Wahlrecht gehört zu den politischen Grundrechten und sollte von allen Wahlberechtigten zu jeder Wahl ausgeübt werden. Wählen gehen ist für mich bürgerschaftliche Ehrensache! Je mehr Menschen die Seniorenvertretung in Köln wählen, je mehr Gewicht und Einflussmöglichkeiten hat sie dann. Durch die Abgabe von bis zu fünf Stimmen auf dem Stimmzettel kann jede Wählerin, jeder Wähler aktiv die Beteiligung der älteren Generation an der Gestaltung der eigenen Lebensverhältnisse beeinflussen.

In Köln leben 34.000 ältere Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Sie alle, gleichgültig ob mit EU- oder anderer Staatsbürgerschaft, sind wahlberechtigt. Bietet Köln damit ein Beispiel umfassender Integration?
Diese Ausnahmeregelung im Wahlrecht finde ich richtig toll. Bei Kommunalwahlen ist es ja sonst nur hier lebenden Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union möglich mit zu wählen. Die Kölner Regelung ist ein starkes Signal für mehr demokratische Beteiligung aller Bevölkerungsgruppen. Ich hoffe, dass alle Kölner Seniorinnen und Senioren, gleich welcher Nationalität, von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.

Das Gespräch führte Wolfgang Guth.

Der zweite Teil des Interviews zu Fragen der seniorenfreundlichen Stadt, der Barrierefreiheit, der Integration, den städtischen Finanzen und den künftigen Schwerpunkten der Arbeit der Oberbürgermeisterin erscheint in Ausgabe 6 des gedruckten Magazins KölnerLeben. Und anschließend natürlich online.

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Zur Person

Mit Henriette Reker lenkt zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt Köln eine Frau als Oberbürgermeisterin die Geschicke der viertgrößten Stadt der Bundesrepublik. Im ersten Wahlgang am 18. Oktober 2015 konnte sie als unabhängige Kandidatin 52,66 Prozent der gültigen Stimmen auf sich vereinigen. Unterstützt wurde ihre Kandidatur von den Kölner Parteien CDU, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, FDP und den im Rat vertretenen Gruppierungen Deine Freunde und Freie Wähler Köln. Zuvor leitete sie seit 2010 das Dezernat für Soziales, Integration und Umwelt. Am Tag vor der Wahl wurde sie Opfer eines fremdenfeindlich motivierten Messerattentates. Ende November 2015 konnte sie das Amt antreten.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker wurde am 9. Dezember 1956 in Köln geboren. Sie hat Jura studiert und ist verheiratet.

Tags: Interview , Kölnerin , Politik

Kategorien: Leben in Köln